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Wie du Weihnachtsstress und Konsum vermeidest: Tipps von Joachim Ringelnatz

"Es ist so traurig", hat Erich Kästner schon 1924 über einen Auftritt des krummbeinigen Kabarettisten geschrieben, "dass sich die meisten angewöhnt haben, über Ringelnatz als einen Hanswurst und Suppenkasper zu lachen. Merken denn so wenige, dass sie keine Kabarettnummer, sondern einen Dichter vor sich haben? Er hat Humor, also jene Gemütskrankheit, die eine große Traurigkeit mit Ironie und Güte zu kurieren versucht. Mit Güte für die anderen und Ironie gegen sich selbst.”


Ringenatz nachdenklich, Schenken als Thema
Ringelnatz

Joachim Ringelnatz  war Schriftsteller, Kabarettist und Maler, geboren 1883 in Wurzen. Nach der Schule heuerte er als Schiffsjunge an, denn er hatte sich in den Kopf gesetzt Seemann zu werden. Der Seemannslook wurde später sein Markenzeichen auf der Bühne: Matrosenanzug, schwebend, schwankender Seemannsgang und ein Weinglas.



“Joachim Ringelnatz lacht, nicht weil er lustig ist. 

Sondern obwohl er traurig ist.”  Erich Kästner


Sein Werk ist skurril, expressionistisch, witzig und geistreich zugleich. Nach turbulenten Seefahrer- und Wanderjahren wird er 1909 Hausdichter in Kathi Kobus Künstlerkneipe Simplicissimus in München. Dort beginnt seine Karriere als Schriftsteller und Kabarettist. 


Unvergesslich wird er mit der Kunstfigur Kuttel Daddeldu auf den Kabarettbühnen der Großstädte Deutschlands. Der Seemann Daddeldu ist sein alter Ego, mit ihm parodiert er sich selbst, macht sich lustig auf eigene Kosten. Ringelnatz besitzt die Stärke und den Mut, über seine Schwächen zu schreiben, indem er sie parodiert.  Auch seine Alkoholkrankheit thematisiert er - nach den Auftritten wird bis in die Morgenstunden im Rausch gefeiert.


1933 erteilen die Nationalsozialisten Ringelnatz Auftrittsverbote. Die meisten seiner Bücher werden beschlagnahmt oder verbrannt.  


Die Bühnenauftritte bleiben aus und damit auch das Geld. Ringelnatz und seine Frau verarmen. Zu den finanziellen Sorgen kommen seelische und gesundheitliche dazu. Erste Symptome der Tuberkulose treten auf. 


Kurz nach seinem 50. Geburtstag stirbt er an den Folgen seiner Krankheit in den Armen seiner Frau, die er liebevoll Muschelkalk nannte.



Schenken

Schenke groß oder klein,

Aber immer gediegen.

Wenn die Bedachten

Die Gaben wiegen,

Sei Dein Gewissen rein.


Schenke herzlich und frei.

Schenke dabei,

Was in Dir wohnt

An Meinung, Geschmack und Humor,

So daß die eigene Freude zuvor

Dich reichlich belohnt.


Schenke mit Geist ohne List.

Sei eingedenk,

Daß Dein Geschenk

Du selber bist.


Das Gedicht Schenken erschien in seinem Gedichtband Allerdings. 

Ringelnatz betont gedankenvoll den Akt des Schenkens und seine Bedeutung. Es geht darum, sich selbst in den Gaben widerzuspiegeln - mit seiner Meinung, seinem Geschmack und seinem Humor. Und schließlich ist Ringelnatz berührender Rat, dass das eigentliche Geschenk man selbst ist. 


Auch im ersten humorvollen Gedicht des Bandes Allerdings geht es um das Schenken: 


“Ich habe dich so lieb,

ich würde dir ohne Bedenken

eine Kachel aus 

meinem Ofen schenken.”


Die Kachel ist Symbol für einen Wärmespeicher. Aus seinem Ofen eine Kachel zu verschenken, bedeutet Wärme zu verschenken.

 

An seinem 50. Geburtstag kamen seine langjährigen Freunde Asta Nielsen und Paul Wegener und sein Verleger Ernst Rowohlt zu ihm und hielten Reden - ein letztes glückliches Ereignis. Seine Freunde unterstützten ihn ein Leben lang, sammelten Geld für ihn, wenn er in Not war.


Ringelnatz beschenkte andere hingegen mit Humor, Güte und Poesie. Er kultivierte das Unperfekte und Schrullige, indem er mutig genug war, sich  selbst zu zeigen. Er lachte über seine Schwächen. Und das ist sein Geschenk an uns und seine Botschaft: Wir dürfen sein.


Sophia Loren sagte einmal: „Ganz und gar man selbst zu sein, kann schon einigen Mut erfordern.“ Menschen wie Ringelnatz ermutigen uns dazu.


Der Dezember ist der Monat der Freundschaft und der Gaben. Schenken an Weihnachten? Wir haben vielleicht auch noch eine Kachel im Ofen, die wir verschenken können. Das eigentliche Geschenk sind wir selbst.


Liebe Grüße und einen wärmenden Dezember!



Jana
















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