
Allerheiligen, Totensonntag, Dias de los Muertos: Im November gedenken wir den verstorbenen Angehörigen. Wir zünden Kerzen an und erleuchten die Friedhöfe, in Bayern backt man Seelenzopf mit Mandeln. Während dort das Tanzen aus Respekt zu den Toten verboten ist, geht man in Mexiko ganz anders mit dem Tod um. Am Dias de los Muertos feiert man die Heimkehr der Toten für eine Nacht: mit Tequila, Totenbrot und Humor. Die italienische Renaissance hinterlässt und eine berührende Vorstellung zum Tod: Michelangelos tröstendes Gedicht "Ich bin nicht tot, ich tauchte nur die Räume".
Ich bin nicht tot.
Es sandte mir das Schicksal tiefen Schlaf.
Ich bin nicht tot, ich tauschte nur die Räume.
Ich leb in euch, ich geh in eure Träume,
da uns, die wir vereint, Verwandlung traf.
Ihr glaubt mich tot, doch daß die Welt ich tröste,
leb ich mit tausend Seelen dort,
an diesem wunderbaren Ort,
im Herzen der Lieben.
Nein, ich ging nicht fort, Unsterblichkeit vom Tode
mich erlöste.
Im ursprünglich italienischen Gedicht Non sono morto verarbeitet der Künstler Michelangelo den Tod auf poetische und tröstende Weise. Geboren wurde er 1575 in Caprese, Italien. Er verlor seine Mutter, als er 6 Jahre alt war. Sein Vater, obwohl aus hohem Stande, erlaubte seinem feingeistigen Sohn mit 14 Jahren eine Kunstschule in Florenz zu besuchen. Eine kluge Entscheidung, denn er wurde zu einem der bedeutendsten Künstler der Hochrenaissance. Michelangelos tröstendes Gedicht "Ich bin nicht tot" lässt die Verstorbenen in uns weiter leben. Getrenntheit ist nur eine Illusion, in Wirklichkeit wir sind verbunden.
Eine Wolke kann niemals sterben
Immer wieder, unser ganzes Leben lang, sterben wir kleine Tode: Beziehungen gehen auseinander, wir verabschieden uns von Dingen oder wechseln Orte. Wir altern, unser Körper verändert sich. Alles ist vergänglich und diese Gewissheit ist so schmerzlich. Aber wir können und sollten üben, damit leichter zu leben.
Der buddhistische Mönch und Zen-Meister Thich Nhat Hanh benutzt dafür das Bild einer Wolke als Symbol für den unaufhörlichen Wandel der Dinge:
“Eine Wolke kann niemals sterben.
Eine Wolke wird zu Regen, zu Wasser, zu Dampf,
nichts geht verloren,
doch alles verwandelt sich.”
Ich finde es hoffnungsvoll, die Veränderung als Teil des Lebens, gar als seinen Sinn zu sehen. Alles, was einmal war, ist nicht weg, es ist in uns. All die Menschen, Orte, die „guten alten Zeiten“ sind in uns. Eine Wolke kann niemals sterben. Aber sie bleibt auch nicht gleich, sie verwandelt sich und darin liegt ihre Kraft.
Der November ist ein Monat, in dem wir unsere verstorbenen Angehörigen gedenken und uns mit ihnen verbinden. Der November lädt auch dazu ein, uns mit dem Leben zu verabreden, uns zu erlauben im Augenblick zu sein. Denn jeder Augenblick ist vergänglich und das macht ihn so wertvoll.
Ich wünsche euch einen mystischen, aufregenden und schaurig schönen November!
Eure Jana
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