
Ein neues Jahr hat begonnen, und mit ihm öffnet sich wie ein frisches Buch ein unbeschriebenes Kapitel unseres Lebens. In dieser Zeit des Wandels, des Neubeginns und der leisen Hoffnung möchte ich dich einladen in Fontanes Gedicht "Ein neues Buch, ein neues Jahr“ einzutauchen.
Ein neues Buch, ein neues Jahr
Ein neues Buch, ein neues Jahr
Was werden die Tage bringen?!
Wird’s werden, wie es immer war,
Halb scheitern, halb gelingen?
Ich möchte leben, bis all dies Glühn
Rücklässt einen leuchtenden Funken.
Und nicht vergeht, wie die Flamm’ im Kamin,
Die eben zu Asche gesunken.
Fontane
Theodor Fontane (1819–1898) gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller des Realismus. Besonders durch seine Romane wie „Effi Briest“ und „Der Stechlin“ hat er literarischen Weltruhm erlangt. Doch auch seine Gedichte offenbaren eine tiefe Sensibilität für das Menschliche, die Natur und das Leben in seiner stillen Schönheit. Fontanes Werke zeichnen sich durch eine meisterhafte Beobachtungsgabe und eine warme, oft melancholische Lebensklugheit aus.
Fontanes Gedicht "Ein neues Buch, ein neues Jahr“ spiegelt diese Haltung wider. Entstanden in der reifen Phase seines Schaffens, ist es ein poetisches Nachdenken über Vergangenes und Zukünftiges.
In einfachen, klaren Worten spricht Fontane davon, wie wir mit jedem Jahr neue Chancen und Herausforderungen annehmen, die Seiten des Lebensbuchs füllen und doch immer wieder zur Einsicht kommen, dass manches Unveränderliche bleibt.
Der Januar, der dem römischen Gott Janus gewidmet ist, steht wie kein anderer Monat im Zeichen von Rückblick und Ausblick. Wie Janus, der mit seinen zwei Gesichtern sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft blickt, erleben wir den Jahresanfang als eine Zeit des Innehaltens. Es ist der Moment, um Altes loszulassen und Neues willkommen zu heißen, die Lehren des Vergangenen in die Träume des Kommenden zu verweben.
Theodor Fontane selbst hatte eine besondere Beziehung zu Neubeginnen, auch in späteren Jahren. Er stellte sich immer wieder den Herausforderungen des Schreibens. Nach einem Schlaganfall im Jahr 1892, der ihn schwer traf und seine Fähigkeiten zu schreiben stark beeinträchtigte, verlor er kurzzeitig den Mut. Doch schon bald setzte er sich erneut an seinen Schreibtisch, begann beharrlich mit kurzen Notizen und skizzierte neue Ideen. In dieser Phase entstand „Der Stechlin“, sein letzter Roman – ein Werk voller Lebensweisheit, das von Übergängen und leisen Veränderungen im Leben erzählt.
Fontanes Vermächtnis in „Der Stechlin“
Im Mittelpunkt von „Der Stechlin“ steht Dubslav von Stechlin, ein alter, zurückhaltender Landadliger, der auf seinem Gut in der Mark Brandenburg lebt. Dubslav ist eine Figur, die dem Leser mit seiner Güte, Nachdenklichkeit und Lebensweisheit sofort ans Herz wächst. Die Handlung ist ruhig und verläuft eher unspektakulär: Es geht um Gespräche über Politik, Gesellschaft und die großen Fragen des Lebens.
Doch unter dieser scheinbaren Ruhe liegt eine tiefere Symbolik: der See von Stechlin, der die Verbindung zur Welt und zum Wandel der Zeit repräsentiert. Immer, wenn etwas Bedeutendes geschieht, treten kleine Wellen aus seinem Wasser hervor – ein Symbol dafür, dass selbst die stillsten Leben größere Kreise ziehen können.
„Der Stechlin“ ist mehr als nur ein Roman – es ist Fontanes literarisches Vermächtnis. Es fasst die Weisheit eines Schriftstellers zusammen, der sein Leben lang die Schönheit und die Herausforderungen des Menschseins beobachtet hat. Es zeigt, dass auch im Alter, in der Stille und nach Schicksalsschlägen ein Neubeginn möglich ist.
Inspiration für das neue Jahr
Das Gedicht „Ein neues Buch, ein neues Jahr“ von Theodor Fontane ist eine wunderbare Reflexion über die Ambivalenz des Lebens – ein Wechselspiel aus Hoffen, Scheitern und Gelingen. Es berührt die Frage nach dem Sinn und der Beständigkeit unserer Handlungen und Träume. Die zweite Strophe drückt den Wunsch nach einem Leben aus, das Spuren hinterlässt, einem Leben, das mehr ist als ein kurzes Aufflackern.
Die klaren Wintertage, die kargen Landschaften und die Stille des Schnees können uns inspirieren, Pläne zu schmieden und den ersten mutigen Schritt in ein hoffnungsvolles neues Kapitel zu wagen.
Lass uns in diesem Januar die leeren Seiten unseres Lebensbuchs mit Zuversicht, Kreativität und dem Glauben an die Schönheit des Werdens füllen. Möge Fontanes Gedicht uns dabei eine leise, aber wirkungsvolle Inspiration sein.
Ich wünsche Dir einen wunderbaren Start ins neue Jahr und viel Freude beim Füllen der ersten Seiten deines Buches.
Jana
Comments